Ralph Vaughan Williams hatte in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs gelegen. Im Jahre 1936, als er die Kantate „Dona Nobis Pacem“ schrieb, hörte er wieder die gleichen Kriegstrommeln von ferne tönen. Auch das Publikum in der voll besetzten Erphokirche hörte diese Trommeln – und ebenso jenes ergreifende Flehen um Frieden, das der großartige Komponist in Töne gesetzt hatte. Noch immer wird Englands größter Sinfoniker bei uns kaum gespielt. Umso verdienstvoller war die hinreißende Aufführung, die am Sonntagabend jubelnd gefeiert wurde.

Der Jugendchor NRW und das Studentenorchester Münster spielten unter drei verschiedenen Dirigenten; insgesamt standen sechs Komponisten auf dem Programm. Und was für ein Programm: Unter seinem Stamm-Dirigenten Cornelius During interpretierte das Studentenorchester den Trauermarsch aus Ludwig van Beethovens „Eroica“ sowie Peter Tschaikowskys berühmte Ouvertüre „Romeo und Julia“. An solch üppiger Romantik kann das Orchester die Qualität aller Instrumentengruppen prächtig vorführen. Cornelius During trieb die Dynamik nicht zu weit, und nur die dramatischen Violin-Attacken verrieten, dass hier überwiegend keine Profis am Werke waren.

Eine wahre Wohltat war der Klang des Landesjugendchors. In allen Stimmen ausgewogen präsentierte sich die Sängerschaft zwischen 16 und 28 Jahren; den sonst so häufigen Überhang an Frauenstimmen gab es hier nicht. Welch schöne, kernige Bässe! Bei Verdis „Stabat Mater“ bewies der Chor eindrucksvoll, dass ein Fortissimo nicht nur laut, sondern auch schön klingen soll und kann.

Christiane Zywietz-Godland leitete zwei selten gehörte einnehmende Stücke. „Cantique de Jean Racin“ von Fauré sowie „Cantus Missae“ aus der Es-Dur-Messe (1878) von Josef Gabriel Rheinberger. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Hermann Godland hat sie die Leitung des Landesjugendchor seit über 25 Jahren inne.

Hermann Godland dirigierte dann als Höhe- und Schlusspunkt Vaughan Williams’ „Dona Nobis Pacem“. Und wenn sich der Schlachtlärm auflöst und der Bariton (toll: Joel Urch) einem getöteten Feind innig zusingt, entsteht ein ergreifend schöner Moment, der sogar Beethoven und Tschaikowsky überstrahlt.

Arndt Zinkant, Westfälische Nachrichten vom 11.07.2016